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Aufheben der "Impressumspflicht" für Privatpersonen


Der Konflikt ergibt sich ganz speziell:

1.) aus der sehr allgemeinen Interpretation des Begriffs „geschäftsmäßig“ in § 5 Telemediengesetz, sodass auch private Webseiten unter die Impressumspflicht fallen.

2.) aus der Tatsache, dass unterschiedliche Gerichte zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen kommen. Man hat als Bürger keine klaren und eindeutigen Kriterien, an die man sich halten kann, um auf das Impressum verzichten zu können.

Wenn man eine Webseite zur freien Meinungsäußerung nutzen will und wenn man keine Strafe oder Abmahnung riskieren will, dann ist man wegen der Impressumspflicht gezwungen, seine persönlichen Daten offen zu legen. Und somit muss man zwangsläufig auf den Schutz der Privatsphäre verzichten.

Begründung 1:

Viele Ideen und Werke, die unsere Kultur prägten und bereicherten, wurden ursprünglich im Schutze der Anonymität oder unter einem Pseudonym veröffentlicht. Politischen Machtstrukturen, gesellschaftliche Konventionen und religiöse Intoleranz waren vermutlich die Hauptgründe, weshalb sich die Autoren nicht offen zu ihren Werken bekennen konnten. Die Anonymität des Autors war manchmal ratsam, um die soziale Stellung nicht zu gefährden – und manchmal war sie sogar notwendig zum Schutz des eigenen Lebens. Die Zeiten mögen sich geändert haben, aber das Grundproblem ist geblieben. Es liegt in der Natur der Sache, dass neue Ideen immer wieder mit den bestehenden Gesellschaftsstrukturen und Gepflogenheiten kollidieren, dass sie traditionelle Tabu-Grenzen überschreiten und bestehende Weltbilder in Frage stellen. Die Möglichkeit, neue Ideen anonym veröffentlichen zu können, ist deshalb auch heute im Internet-Zeitalter noch immer eine der wichtigsten Grundvoraussetzung für den gesellschaftlichen Wandel in einer Demokratie.

Begründung 2:

Die Impressumspflicht hat bei Privatpersonen ganz andere Konsequenzen als bei Firmen. Als Privatperson kann man beim Impressum nur seine Privatadresse und seine private Telefonnummer angeben. Man hat keine Firmenadresse, keinen Pförtner, keine Presseabteilung, keinen Werksschutz, ... die einen nach außen hin abschotten und die unliebsame Besucher und Anrufer abhalten. Deshalb ist man als Privatperson sehr viel stärker von den Konsequenzen betroffen, die sich aus der Impressumspflicht ergeben. Und daraus ergibt sich bei Privatpersonen auch eine besondere Notwendigkeit zum Schutz der Privatsphäre, die es bei Firmen nicht gibt.

Begründung 3:

In der heutigen Zeit ist die Gestaltung einer eigenen Webseite im Internet ein üblicher Weg, um seine eigenen Meinungen in Wort, Schrift und Bild zu äußern. Folgende Gefahren können möglicherweise eintreten:

  • Es gibt Vorurteile über manche Minderheiten. Aus dem Inhalt der Webseite lässt sich möglicherweise rekonstruieren, dass man einer dieser Minderheiten angehört. Daraus können sich berufliche oder gesellschaftliche Nachteile ergeben.

  • Wenn man sich auf der eigenen Webseite kritisch mit extremistischen oder fundamentalistischen Strömungen auseinander setzt, dann besteht die Gefahr, dass sich diese Kreise rächen wollen und dass es Übergriffe ins Privatleben gibt.

  • Wenn man sich auf der eigenen Webseite kritisch mit den Geschäftspraktiken von Firmen auseinander setzt, dann könnte es Probleme geben, wenn man später einen neuen Job sucht.

  • Wenn man im Internet eigene Krankheiten und Familienprobleme anspricht, dann könnte es ebenfalls Probleme geben, wenn man später einen neuen Job sucht.

  • Wenn man sich als Deutscher mit Migrationshintergrund auf der eigenen Webseite kritisch mit den politischen Zuständen im Heimatland auseinander setzt, dann könnte es Probleme geben, wenn man später wieder in sein Heimatland zurück kehrt.

  • usw.

Aus solchen Gründen kann es für eine Privatperson ratsam sein, die eigene Adresse nicht im Internet zu veröffentlichen. Wenn man jedoch gezwungen wird, die eigene Adresse zu veröffentlichen, dann wäre es ratsam, all diese Themen auf der eigenen Webseite nicht zu veröffentlichen. Dadurch wird jedoch das Recht auf freie Meinungsäußerung massiv eingeschränkt.

Wenn man seine Meinung im Internet veröffentlichen will, wenn man aber nicht bereit ist, ein Impressum anzugeben, dann bleibt einem im Moment nur die Möglichkeit, die eigenen Texte in fremden Foren oder Internetdiensten einzutragen. Die Möglichkeiten zur Gestaltung und zur Pflege der eigenen Texte sind dabei jedoch massiv eingeschränkt.

Die Argumentation basiert weitgehend auf dem Dokument Impressumspflicht contra informationelle Selbstbestimmung von Elias Erdmann und wurde mit Zustimmung des Autors übernommen.


Diskussionen

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Versionen


  • 1 Wir sind für die Abschaffung der
    2 Anbieterkennzeichnungspflicht ( Impressumspflicht) für
    3 Privatpersonen da die gegenwärtige gesetzliche Regelung im
    4 Telemediengesetz unserer Ansicht nach nicht angemessen ist,
    5 weil sie das Recht auf freie Meinungsäußerung ohne
    6 zwingenden Grund in unangemessener Weise einschränkt. Daher
    7 sollte die Impressumspflicht dahingehend geändert werden,
    8 dass folgende Interessen in sinnvoller Weise gegeneinander
    9 abgewogen werden:
    10
    11 1.) das berechtigte Interesse des Verbraucherschutzes
    12
    13 2.) das berechtigte Interesse auf die informationelle
    14 Selbstbestimmung bzw. den Schutz der eigenen Privatsphäre
    15
    16 Es sollte die Faustformel gelten: Überall dort, wo es kein
    17 berechtigtes Interesse für den Verbraucherschutz gibt,
    18 sollte der Betreiber einer Webseite das Recht haben, seine
    19 Meinung frei zu äußern, ohne dass dieser dafür den Schutz
    20 der eigenen Privatsphäre aufgeben muss.
    21

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